RATGEBER
Ozon = O³
 
 
 
Strahlend blauer Himmel, die Sonne knallt, das Thermometer klettert über 30 Grad. Ein Supersommer - mit Schattenseiten: Immer mehr Menschen klagen über Kopfschmerzen und Brennen im Hals. Kinder leiden unter Allergien, Sportler trauen sich nur noch morgens auf den Trimmpfad. Der Auslöser ist unsichtbar und hochgiftig. Sein Name: Ozon. Das ätzende Gas bildet sich an sonnigen Tagen hauptsächlich aus Abgasen, die Millionen Autos täglich in die Luft blasen.

So viel Ozon wie nie

"Seit zwanzig Jahren haben die Ozonkonzentrationen permanent zugenommen, aber noch nie so drastisch wie in den letzten zwei Jahren"; berichtet Dieter Teufel, Experte des Heidelberger Umwelt und Prognose-Instituts (UPI). Während die Zunahme bisher jährlich bei ein bis zwei Prozent lag, sind es jetzt zehn bis zwanzig Prozent. Das Bundesumweltministerium sieht die Lage allerdings weniger dramatisch: "Die Ozonbelastung ist seit den 70er Jahren nicht gestiegen", so Sprecher Franz August Emde. Die Grundbelastung sei zwar höher, die Spitzenwerte seien aber seit den ´7Oer Jahren zurückgegangen. Diese Entwicklung sei auch darauf zurückzuführen, daß heute bereits 40 Prozent der Autos mit Katalysator fahren.

UPI-Studien beweisen das Gegenteil. Nach Messungen Teufels wird die Wirkung des Kat aufgehoben, weil der Verkehr immer weiter zunimmt. Die Bundesregierung prognostizierte 1885 für 1981 etwa 600 Millionen Tonnen Stickoxid-Emissionen. Tatsächlich lagen die Werte um 80 Prozent höher, bei rund 1100 Millionen Tonnen. Teufel: "Die Umweltpolitik ist hier gescheitert."

Greenpeace und der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) fordern seit langem eine "Ozon-Notbremse". Statt dessen hält die Bundesregierung an ihrem Bundesverkehrswegeplan mit 12000 neuen Straßenkilometern fest. Greenpeace-Verkehrsexperte Oliver Worm: "Eine völlig verdrehte Denkweise. Autos dürfen uneingeschränkt die Luft verpesten, während die Leute bei hohen Ozonwerten am besten zu Hause bleiben sollen " Die Umweltschützer verlangen massive Fahrverbote und Tempolimits.

Nicht ohne Grund. Die Konzentrationen des schleichenden Lungengiftes erreichen alarmierende Werte. So wurden in Biebesheim (Hessen) in diesem Jahr schon 290 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft gemessen. In Ludwigshafen stieg die Konzentration auf 243, in Mainz bereits im Mai auf 192 und in Wiesbaden auf 227. Die Bundesländer haben sich auf einen Ozon-Grenzwert von 180 Mikrogramm geeinigt. Dann erst wird vor körperlicher Anstrengung im Freien gewarnt. "Dieser Richtwert wurde willkürlich und ohne wissenschaftliche Begründung festgelegt, betont Teufel. Schließlich bestünden bereits ab 100 Mikrogramm Gesundheitsrisiken.

Angesichts der höhen Meßwerte wächst der Druck von Öffentlichkeit und Interessengruppen. "Bei kritischen Wetterlagen häufen sich besorgte Anrufe. Eine Beratungsstunde am Tag reicht nicht mehr aus" beschreibt Dr. Luthar Wendel, umweltmedizinischer Berater in Wiesbaden, die Situation. Die Deutsche Atemwegsliga fordert die Umsetzung der Immissionschutz-Verordnung, an der Bundesumweltminister Töpfer seit zwei Jahren bastelt. Sie soll noch 1993 in Kraft treten. Die Kommunen erhalten damit erstmals die Möglichkeit, Fahrverbots zu erteilen. Der Nachteil: Grundlage ist kein verbindlicher Ozon-Richtwert, sondern die Schadstoff- konzentration. "Außerdem bringt es nichts, erst den Motor abzustellen, wenn die Luft schon vergiftet ist", kritisiert Greenpeace.

Zaghafte Konzepte

Die Länder sind offenbar schon weiter. In Hessen soll noch vor der Sommerpause eine Ozonverordnung in Kraft treten. Danach müssen die Autofahrer bei überhöhten Ozonkonzentrationen auf die Bremse treten - geplant ist ein flächendeckendes Tempolimit. Längerfristige Verbesserungen können letztlich aber nur durch eine ökologische Verkehrspolitik und ein Umdenken jedes einzelnen erreicht werden.

Das Ozonloch

Das Reizgas Ozon, das erst am Boden zuviel entsteht, fehlt in des sogenannten Stratosphäre: In einer Höhe von 15 bis 40 Kilometern wirkt die Ozonschicht als lebenswichtiger Schutzschild, der die gefährliche ultraviolette Sonnenstrahlung herausfiltert. In der Stratosphäre wird ständig Ozon auf- und abgebaut . Zerstört wird das Gas mit den drei Sauerstoffatomen vor allem durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und anderen halogenhaltige Verbindungen.

Diese werden vor allem als Treibgase in Spraydosen, in Schaumstoffen und als Kühlmittel verwendet, weil das am Boden produzierte Ozon schwerer als Luft ist, kann es nicht in die Stratosphäre aufsteigen und dort Reparaturdienste leisten. In diesem Frühjahr schlugen Wissenschaftler Alarm: Weltweit ist die Ozonschicht dünner als je zuvor. War zunächst ein Ozonloch über der Antarktis (Südpol) und dann über der Arktis (Nordpol) ausgemacht worden, lagen die Werte auf der Nordhalbkugel im Januar dieses Jahres 13 bis 14 Prozent unter dem Normalwert. Vorhergesagte Folgen des Ozonabbaus: höhere Krebsraten, Schädigungen des Erbgutes, vermindertes Pflanzenwachztum.

Ozon am Boden

Was ist Ozon? Ozon ist ein aggressives und stechend riechendes Reizgas. Es besteht aus drei Sauerstoffatomen in einer instabilen Verbindung, wobei ein Sauerstoffatom abgegeben wird. Die zwei weiteren Sauerstoffatome bilden den normalen, für uns verwertbaren Sauerstoff. Das eine, abgegebene Sauerstoffatom verbindet sich mit anderen Atomen, z.B. Wasserstoff, wobei dann Wasser entsteht. Wenn dieser Vorgang in unseren Nasen- und Augenschleimhäuten stattfindet, empfinden wir dieses als eine Reizung.

Durch die Einwirkung der Sonne entstehen aus Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen Stickstoffmonoxide und freie Sauerstoffatome, diese bilden das Ozon. Welche sich zu Sauerstoff und Ozon verbinden. Aus den Ballungsgebieten strömt das Gas auch ins Umland. Paradox ist: In der Stadt bleibt so, viel Stickstoffmonoxid, daß der Prozeß in der Nacht rückwärts läuft - das Ozon wird wiederabgebaut. Auf dem Land hingegen bleiben die Konzentrationen hoch. Wann wird das Gas gefährlich? Normal befinden sich 20 bis 80 Mikrogramm Ozon in einem Kubikmeter Atemluft (durch die Assimilation der Grünpflanzen). Ab 120 Mikrogramm entstehen Reizungen der Schleimhäute, ab 180 Mikrogramm wird gewarnt.

Dann ist zu beachten: möglichst nicht autofahren, keine körperliche Betätigung im Freien, kein Sport in der Mittagshitze.
 

 

Dr. Sommerbrodt
 
 
   

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